Mittwoch, 15. Oktober 2014

Rapa Nui = Isla de Pascua = Osterinsel




Die Osterinsel – mystische Stätte geheimnisvoller Steinstatuen aus dunkler Vergangenheit. Und zugleich der Ort, an dem eine Gesellschaft aus Egoismus und Geltungssucht die vorhandenen Rohstoffe derart ausgebeutet hat, dass sie sich ihre Lebensgrundlage genommen hat – es kam soweit, dass aus einer überbevölkerten Insel eine Insel mit nur mehr 100 Einwohnern wurde. Und aus einer reich bewaldeten Insel eine Insel ohne jeglichen Baumbestand. Wer genaueres wissen möchte (ich weiß ja nur das, was ich mir kurz angelesen habe oder von Tourguides gehört habe, und ich will ja einen Blog schreiben, nicht einen Wikipedia-Eintrag): LINK

Osterinsel (auf Spanisch „Isla de Pascua“) heißt die Insel, weil am Ostersonntag 1722 hier die ersten Europäer landeten. Die polynesischen Einheimischen nennen sie „Rapa Nui“, was soviel heißt wie „großes Land“.

Dieser Eintrag kommt ein wenig verspätet, da ich die 4 Tage lang auf der Insel kein Internet im Hostel hatte, und es auch trotz mehrerer Versuche nie geschafft habe, ein Café mit WiFi zu finden. Dafür hab ich umso mehr Fotos geschossen, die Speicherkarte meiner Kamera ist sozusagen zum Bersten voll…


DIE INSEL

ist dreieckig, längste Ausdehnung 24km, 164km² groß, vulkanischen Ursprungs – heute findet man
nur mehr sanfte runde Hügel, wo früher Krater waren (ich hab auf einer guten Karte 24 dieser kleineren Vulkanüberbleibsel gezählt, aber woanders gelesen, es sollen ca. 60 sein), ausgenommen die Kegel der drei Hauptvulkane (Poike, Terevaka – zugleich mit 511m Seehöhe der höchste Punkt der Insel – und Rano Kau), die die Insel geformt haben, an jedem Eck des Dreiecks einer, 
hier zum Beispiel der Rano Kau, der jetzt im Inneren zum Sumpf geworden ist. 
Am Strand sieht man schön das schwarze, aus erstarrter Lava geformte Gestein. Es gibt hier nur einen typischen Südsee-Sandstrand mit Palmen, 
nämlich Anakena, 
die meisten anderen Küstenlinien werden von schroffen Klippen gebildet,
teils mit Höhlen wie hier bei Ana Kakenga.
Es gibt eigentlich nur eine Osterinsel, aber die Leute, die von „den“ Osterinseln sprechen, haben nicht völlig unrecht, vorgelagerte winzige Inselchen (Motus) gibt es nämlich einige, z.B. Motu Tautara, Motu Marotiri,
oder die Drillinge Motu Kao Kao, Motu Iti und Motu Nui. Motu Nui (die hinterste und größte) ist auch die Stätte, auf der jährlich der Wettbewerb um das erste Ei der Rußseeschwalbe stattfand (LINK). Diese Geschichte kannte ich schon als Kind, und zwar aus einem Donald Duck-Comic. Da sage einer noch, dass Comics nicht bilden…


PS: vielen Dank an meinen Bruder Martin für die aufopfernde Recherche und das Schicken des Scans, damit kann ich hier eine Seite der oben erwähnten Comic-Geschichte präsentieren. Donald Duck muss, um ein Füllhorn für seinen Onkel Dagobert zu erringen, den Häuptling der "Weihnachtsinsel" im Kampf um das erste Manutara-Ei besiegen. Donald schummelt und zückt ein gefälschtes Ei, dadurch verliert der Häuptling... Der Name der Insel ist also verfälscht, genau wie die Zeichnungen der Steinstatuen, der Name des Vogels ist aber original, und die Tatsache, dass es um das erste Ei diesen Wettkampf gegeben hat, ebenfalls!


HANGA ROA

ist zugleich einziger Ort und auch Hauptstadt der Osterinsel, und fast alle ca. 7000 Einwohner der Insel leben hier.

Bilder der Sehenswürdigkeiten von Hanga Roa:
die Skyline von Downtown Hanga Roa vom Rano Kau aus, 
die Hauptstraße (jedes Haus ist entweder ein Restaurant, ein Supermarkt oder ein Souvenirladen – und zugleich halt ein Wohnhaus),
der Hauptplatz, 
das Denkmal am Hauptplatz für einen Ariki (so hießen hier früher die Könige hier – alle, die das Spiel „die Insel“ kennen, müssten diesen Namen schon gehört haben) und irgendeinen für die Insel wichtigen Chilenen (die Denkmäler sind leider schlecht erhalten und man kann nicht viel lesen darauf - naja, und Spanisch kann ich auch noch nicht sooo viel...),
die katholische Kirche (die meisten Rapa Nui sind jetzt katholisch), 
überall Schilder für den Notfall bei einem Tsunami, 
der Hafen, 
das Ahu Hotake am Hafen, 
die „Schiffswerft“, 
die Feuerwehr, 
das Rathaus, 
die Kaserne der chilenischen Armee, 
der Friedhof, 
der Flughafen Mataveri, 
wo sich Gegenwart und Vergangenheit treffen,
das Fußballstadion, 
ein typisches Osterinselhaus, 
und mein Hostel.


VIELE „FIRSTS“

Einiges, was ich hier auf der Reise zum ersten Mal erlebt hab:
das erste geliehene Fahrzeug (ein Rad, mit dem ich am Samstag die Umgebung von Hanga Roa erkundet habe);
der erste Regen (und gleich ein richtiger Wolkenbruch), 
sodass die Straßen, eh schon nicht die besten, eher zum Schwimmen geeignet gewesen wären; die ersten Österreicher (Kärntner) hab ich hier getroffen, aber nicht fotografiert; die erste Woche ist um; ich hatte den ersten kleinen Sonnenbrand; und zum ersten Mal hatte ich kein W-Lan.


TIERE UND PFLANZEN

Das Klima ist schon ziemlich tropisch hier, obwohl es in der Nacht ganz schön kalt wird hat es untertags selten weniger als 18°, und wenn die Sonne herauskommt schnell mehr. Ich habe Orangenbäume und Zitronenbäume gesehen, Guaven,
und Bananenpalmen (Bananenstauden?), auf denen Früchte hingen, obwohl es eigentlich ja erst Frühling ist.
Die Gummibäume, bei uns Topfpflanzen, werden hier riesige Bäume, die den Namen verdienen.
Auch Eukalyptusbäume findet man einige, der hier hat ein Feuer überlebt, 
der hier nicht.
riesige Agaven
ein anderer sehr häufiger Baum: der Sebo oder Indische Korallenbaum
und ein paar schöne Blümchen vom Wegesrand.
Bei den Tieren fallen am ehesten die Pferde auf, die es hier überall gibt, teils freilaufend und wild,
teils angeleint. Dem hier geht's übrigens gut, es hat sich nur vor Vergnügen am Boden gewälzt als ich kam. Ein Tourguide hat erzählt, man lässt sie gewähren, denn wenn eines Tages mal kein Flugzeug auf der Insel landen kann (warum auch immer, Krieg, Tsunami etc) braucht man eh was zu essen.
Noch trauriger: hier ein Fohlen, das ich neben seiner am Boden liegenden, toten Mutter gefunden habe. Ich glaube, ich habe noch nie so einen traurigen Blick gesehen… Dass das nicht unüblich ist, dass Pferde hier sterben und liegen gelassen werden, hab ich schon tags zuvor gemerkt,
als ich ein Pferdeskelett am Boden fand.
Überall hier auch wieder Hunde, nur dass sie im Unterschied zu denen in Santiago zu den Touristen hinkommen und mit ihnen gehen. Sie wollen wohl Futter, glaube ich, und dazu haben sie gelernt, lieb zu sein und treuherzig und süß zu schauen.
Falken gibt es auch auffällig viele hier. Beim Wandern hab ich einen Falken dabei beobachtet, wie er ein kleines Tier gefangen hat, und dann zu einer Klippe brachte. Als ich dorthin gehen wollte, fing er zuerst an, mich zu umkreisen, danach machte er sogar Sturzflüge in meine Richtung.
Es war nicht leicht, ihn dabei zu fotografieren. Und ich glaube nicht, dass er mich für Beute hielt, sooo schlecht sehen Falken auch wieder nicht, er hatte sicher in der Nähe sein Nest und wollte es beschützen.
Möglicherweise das Tier, das der Falke erbeutet hatte: eine Osterinsel-Eidechse.
Auch überhaupt nicht scheu, wie fast alle Tiere hier: ein Osterinsel-Fink.
Und ein paar Tiere ganz anderer Art, aber weil ich es versprochen hab: meine Maskottchen.


DIE STEINSTATUEN

Der vorrangige Grund, warum ich hierher wollte, war, um SIE zu sehen, die berühmten STEINSTATUEN. Man nennt sie „Moai“, und sie stehen fast immer auf Plattformen, die „Ahu“ heißen. In den Ahus befand sich oft die Asche verstorbener Vorfahren. Aufgestellt wurden die ersten Moais von den verschiedenen Insel-Clans angeblich schon vor fast 1000 Jahren, zu Ehren der Ahnen, die man damals wie Götter verehrte. Die Moais sind aus leichtem Vulkangestein und diejenigen, die heute noch stehen, sind bis zu 9m hoch. Die Familie mit den höchsten Moais war immer die angesehenste, das Aufstellen war also eine Art Wettbewerb um Prestige. Um sie von den Steinbrüchen zu ihren Standorten zu transportieren hat man sie auf Baumstämmen gerollt, wodurch die Bäume auf der Insel ausgerottet wurden - außerdem wurde zum Verbrennen der Toten viel Holz benötigt, und gerodet haben die Ureinwohner auch viel, um das Land als Ackerland benützen zu können.
Als Trick fing man später an, die Moais dadurch höher zu machen, dass man ihnen noch Hüte (Pukaos) aufsetzte, die aus einem anderen Steinbruch kamen. Weil die von vorneherein rund waren, konnte man sie rollen und dadurch gut transportieren. Die Moais sind aus eher bräunlichem, die Hüte aus eher rötlichem Tuff,
und zumindest für bestimmte Zeremonien wurden allen auch weiße Augen aus Korallen mit schwarzen Pupillen aus Obsidian eingesetzt - hier einer der am besten erhaltenen Moais vom Ahu Tahai.
Alle von ihnen sind im Lauf der Zeit von anderen Clans umgestoßen worden oder umgefallen (hier z.B. ein Moai vom Ahu Te Pito Kura – der einst höchste stehende Moai der Insel, mit ca. 12m Höhe – er soll im Laufe der nächsten 2 Jahre wieder hergerichtet werden), und niemand hat sich mehr um sie gekümmert.
Seit den 60er-Jahren hat man viele restauriert und wieder aufgestellt – man erkennt an den hellen Stellen, wo die Statue mit Zement zusammengeflickt wurde.
Als die Menschen nicht mehr an die Ahnen, sondern an den Vogelmann glaubten, wurden viele Statuen auf der Rückseite mit Petroglyphen dieses Vogelmannkultes graviert - hier einer, der jetzt auf einem Campingplatz steht.
Bilder von den schönsten Ahus (das schwierigste dabei ist nicht nur, den richtigen Lichteinfall zu erwischen, sondern auch, möglichst wenige Touristen mit aufs Bild zu bringen, von denen sich große Scharen hier herumtreiben - beides ist mir nicht immer gleich gut gelungen):
Ahu Tahai, gleich bei Hanga Roa
Meinereiner mit einer Souvenirverkäuferin vor dem Ahu Tahai
Ahu Urenga (zeigt die Wintersonnenwende an)
Ahu Akivi mit sieben noch stehenden Moais
Ahu Tongariki, mit den meisten Moais, nämlich 15 – der höchste hat 9m
Ahu Nau Nau in der Anakena-Bucht
einige der Moais liegen dort noch im Sand begraben
ein Avanga, ein Krematorium, beim Ahu Urenga
einige gut erhaltene Häuser im Orongo Village
und schließlich Moais beim Sonnenuntergang.


RANO RARAKU – DIE MOAI-FABRIK

Einer der angeblich ca. 60 kleineren Vulkankegel – im Inneren jetzt auch ein See. Das besondere an Rano Raraku sind steile Felswände aus Vulkangestein,
ideal für einen Steinbruch. Und das war Rano Raraku auch, der Steinbruch, aus dem alle Moais kamen
(aber nicht die Hüte, die kamen aus Puna Pau, einem anderen Vulkan).
Dieser Prototyp, nimmt man an, ist der älteste Moai der Insel, der einzige, der Beine hat. Das Modell dürfte nicht eingeschlagen haben, man findet sonst keinen wie ihn.
Dafür gibt’s hier unzählige Moais in verschiedenen Stadien der Fertigung, unter anderem diesen hier, den größten der Insel, er ist 21m, aber nicht fertig, und auch nie aufrecht gestanden.

Einige weitere Bilder von Moais, die hier überall herumstehen und liegen, weil mich dieser Ort am meisten fasziniert hat, vor allem wegen der Frage, ob es das wert war - eine Insel und ein Ökosystem zu zerstören, für diese Steindinger, die jetzt geblieben sind, als Zeugen einer unergründlichen Vergangenheit. Aber jeder, der über die Dummheit dieser einstigen Südseeinsulaner den Kopf schüttelt, soll sich mal fragen, wofür wir heutzutage arbeiten und Energie aufwenden und unsere Umwelt zerstören. Werden sich in ein paar hundert Jahren UNSERE Nachfahren auch fragen, wenn sie sehen, was von uns übrig geblieben ist: "War es das wert?"

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